Talking Bodies

Der Wissenschaftspodcast rund um Sprache, Gestik und Kommunikation

# 43 – Sprechen durch die Blume. Über den kommunikativen Aufwand, Sprache zu entschärfen.

Habt Ihr schon mal bemerkt, dass Eure Großeltern ihre Ansichten oft ziemlich direkt sind in ihren Aussagen, anders als jüngere Menschen? Diese Erfahrung teilen viele von uns, denn je älter wir werden, umso direkter sprechen wir. Dennoch kommuniziert ein Großteil der Gesellschaft häufig indirekt. Anstatt jemanden direkt ins Gesicht zu sagen, dass uns ihr Kleidungsstil nicht gefällt, sprechen wir “durch die Blume”. Und auch Politiker*innen formulieren ihre Sätze häufig so indirekt, dass nicht immer klar ist, welche Ansicht sie vertreten. Denn das gesprochene Wort kann Folgen haben. Es kann Konfrontationen auslösen, das Gesicht anderer bedrohen oder Menschen verletzen. Deshalb federn wir es ab und lassen dabei sehr viel Interpretationsspielraum. Gleichzeitig sind viele von uns von indirekter Sprache nicht ganz überzeugt – sie wirkt oft unehrlich und gekünstelt.

In dieser Folge gehen wir dieser Diskrepanz auf den Grund. Wir diskutieren, indirektes Sprechen die Regel und nicht die Ausnahme ist. Indirekte Kommunikation lädt uns ein, kooperativ zu denken und Gedanken gemeinsam zu kreieren. Außerdem werfen wir einen Blick auf interkulturelle Unterschiede in der Direktheit der Sprache und decken einen bekannten Mythos auf, wonach Frauen angeblich indirekter sprechen als Männer. Und ja, auch Norbert Röttgen und Jürgen Trittin haben es wieder mit berühmten Sätzen in diese Episode geschafft.


Quellenangaben:

Azhar, M. A & S. Ali , (2017 ) The Influence of Age in Indirectness of Women Speech, International Journal of Management and Applied Science 3,5 , pp. 121-123.

Baker, W. & Bricker, R. H. (2010). The effects of direct and indirect speech acts on native English and ESL speakers’ perception of teacher written feedback. System, 38(1), 75–84. https://doi.org/10.1016/j.system.2009.12.007

Bendtz, K., Ericsson, S., Schneider, J., Borg, J., Bašnáková, J., & Uddén, J. (2022). Individual differences in indirect speech act processing found outside the language network. Neurobiology of Language, 3(2), 287-317.

Boux, I. P., Margiotoudi, K., Dreyer, F. R., Tomasello, R. & Pulvermüller, F. (2023). Cognitive features of indirect speech acts. Language, Cognition and Neuroscience38(1), 40–64. https://doi.org/10.1080/23273798.2022.2077396

Ogiermann, E. (2009). Politeness and in-directness across cultures: A comparison of English, German, Polish and Russian requests.

Terkourafi, M. (2011). Why direct speech is not a natural default: Rejoinder to Steven Pinker’s “Indirect speech, politeness, deniability, and relationship negotiation”. Journal of Pragmatics, 43(11), 2869-2871.

Rundquist, S. (1992). Indirectness: A gender study of flouting Grice’s maxims. Journal of Pragmatics, 18(5), 431-449.


Unsere Songs zum Thema findet Ihr hier:

Apple: https://music.apple.com/de/playlist/talking-bodies-podcast-playlist/pl.u-EdAVeP3T8gakr

Spotify: https://open.spotify.com/playlist/6TSeZS7jnVQDZBzor3V8xj?si=1dbb10bb7d8f493d


Über indirekte Rede sprechen wir auch in Episode 4 – Ist unsere Alltagssprache metaphorisch?.