Talking Bodies

Der Wissenschaftspodcast rund um Sprache, Gestik und Kommunikation

Selbstberührung

# 45 – Gesichtsberührungen: Einblicke in unbewusste Kommunikationsmuster

Einige Funktionen von Krawatterücken und Stirnkratzen

Wir berühren zwischen 400- und 800-mal unser Gesicht und in der Regel nehmen wir von dieser Bewegung keine Notiz. Doch Berührungen solcher Art haben wichtige Funktionen in Gesprächen, für uns selbst und für unser Gegenüber. So werden Selbstberührungen oft mit der Regulation emotionaler Zustände und dem Abbau von Stress in Verbindung gebracht. Der Körper bringt sich gewissermaßen wieder in Balance. Aus diesem Grund hat man Selbstberührungen auch den so genannten Coca-Cola Effekt zugesprochen, da sie uns quasi selbst erfrischen. Doch das Zurechtrücken der Krawatte oder das Stirnkratzen haben noch ganz andere Funktionen. In Gesprächen dienen sie der Herstellung von Gemeinsamkeit und Verbundenheit, wenn sie beispielsweise von Teilnehmenden gespiegelt werden. Einige Studien suggerieren auch geschlechtsspezifische Unterschiede in Selbstberührungen. Wir fragen uns, ob es wirklich so ist, dass sich Männer eher am Kopf kratzen und Frauen eher ihre Nase anfassen. Und wir besprechen, warum es für das Design von Agenten nützlich sein kann, wenn diese sich auch mal im Gesicht berühren.

Quellenangaben:

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Lin, W., Orton, I., Li, Q., Pavarini, G. & Mahmoud, M. (2020). Looking At The Body: Automatic Analysis of Body Gestures and Self-Adaptors in Psychological Distress. arXiv. https://doi.org/10.48550/arxiv.2007.15815

Pang, H. T., Canarslan, F., & Chu, M. (2022). Individual Differences in Conversational Self-Touch Frequency Correlate with State Anxiety. Journal of Nonverbal Behavior46(3), 299-319.

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Streeck, J. (2020). Self-touch as sociality. Social Interaction. Video-Based Studies of Human Sociality3(2). https://doi.org/10.7146/si.v3i2.120854


Unsere Songs zum Thema findet Ihr hier:

Spotify: https://open.spotify.com/playlist/6TSeZS7jnVQDZBzor3V8xj?si=1dbb10bb7d8f493d

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Über Framing sprechen wir auch in Episode 33 – Zeigt der Körper an, wenn wir lügen?